Bericht: Besuch der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Vom 27. bis 29. August fand die Abschlussreise des Projektes „All In“ statt. Gemeinsam mit Teilnehmer*innen aus dem Projekt „Die Öffnung der Familie“ wurde die Mahn- und Gedenkstätte des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück besucht. Manal macht zurzeit ein Praktikum in der ZBBS und hat über ihre Eindrücke geschrieben, die sie in Ravensbrück gesammelt hat:

Zuerst dachte ich, es sei ein Ausflug zu einer archäologischen Stätte oder einem Museum für historische Antiquitäten, um die Erinnerungen an die Geschichte wieder aufleben zu lassen. Vorher habe ich aus meiner Neugierde im Internet ein wenig über diesen Ort gelesen und mir wurde klar, dass es das größte Frauengefängnis der Nazizeit war. Das NS- Regime inhaftierte Frauen, die politisch aktiv waren, sich gegen seine Herrschaft stellten. Auch die Frauen, die Verbrechen begangen hatten, wurden in dieses Gefängnis überführt und sie blieben dort ohne Gerichtsverfahren und wurden nie freigelassen. Die Frauen in diesem Gefängnis wurden den entsetzlichsten Formen von Folter und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, da ihnen ihre minimalen Rechte auf die Würde, Leben und Essen beraubt wurden. Das habe ich im Internet gelesen und dachte, dass dieses Gefängnis in Bezug auf Behandlung und Folter wie andere Gefängnisse im Rest der Welt ist. Aber es war ein Schock, als wir in Ravensbrück ankamen, wo uns ein Mitarbeiter die ganze Geschichte der Haftanstalt erzählte und mit uns ausführlich über die Teile des Gefängnisses sprach.

Die weiblichen Häftlinge mussten schon beim Aufwachen leiden, um sich das Gesicht zu waschen. Die Zahl der Häftlinge war sehr groß, es gab nur ein rundes Waschbecken und die Frauen mussten kämpfen, um an das Waschbecken zu gelangen. Es gab auch ein Freibad zum Duschen, in dem die Häftlinge gemeinsam duschten. Die Frauen durften nur selten duschen. Sie blieben lange ohne Dusche und ihre Kleidung schmutzig und ihre Gerüche wurden sehr unangenehm.

Außerdem schickte das Nazi-Regime die Häftlinge zu privaten Firmen und auf Bauernhöfen, damit die Häftlinge bei ihnen die schwierige Arbeit durchführen. Das NS-Regime betrachtete dieses Lager auch als Abschreckungsmittel für einen bestimmten Personenkreis, der an eine Rebellion gegen seine Regime denken könnte. Daher versuchte das NS-Regime, die Gefangenen mit den schlimmsten Foltermethoden zu behandeln, wo ihnen ihre Menschlichkeit und Würde geraubt wurde. Es gab glücklicherweise überlebende Frauen, damit sie die ganze Geschichte erzählen konnten. Das Konzentrationslager wurde im Jahr 1945 befreit und nach der Befreiung übernahm die sowjetische Armee weite Teile des Konzentrationslagers als Kaserne. Dann wurde die noch lebenden Frauen befreit. Unter diesen überlebenden Frauen ist eine Frau, die Selma heißt, deren richtiger Name nicht bekannt war.  Diese Frau gab viele Interviews im Fernseher und erzählte ihre ganze Geschichte. Sie hat auch ein Buch mit dem Titel „Mein Name ist Selma“ verfasst. Dieses Buch wurde in verschiedene Sprachen übersetzt, damit die Menschen mehr über die Verbrechen erfahren, die das NS- Regime an den Häftlingen verübt hat. Eines der Dinge, von denen Selma erzählte, war, dass es eine große Halle für die Registrierung der Häftlinge gab. Nachdem die Häftlinge registriert wurden, mussten sie ihre Kleidung abgeben und bei kaltem und heißem Wetter stundenlang nackt bleiben. Jedem weiblichen Häftling wurde eine Nummer zugeteilt, die sie sich merken mussten, obwohl viele die deutsche Sprache nicht sprachen oder verstanden und mit ihrer Nummer angerufen wurden. Wenn die festgenommene Frau ihre Nummer nicht kannte oder nicht hörte, wurde sie hart bestraft. Die Wächter hatten das Recht, mit den Häftlingen zu tun, was sie wollten.

Eines der Dinge, die mein Herz am meisten betrübte und die uns der Mitarbeiter mit einem Zitat von Selma erzählte, war, dass die Frau, die ausgepeitscht wurde, die Peitschenhiebe zählen musste und wenn sie ohnmächtig wurde, die Aufseherin sie von dem Anfang an auspeitschten. Ich war auch sehr traurig, als ich im Museum ein Video sah, wie die Aufseherinnen die Leichen weiblicher Häftlinge in ein Tal werfen. Die Körper der Leiche waren sehr schlank, nackt und die Köpfe ohne Haare. Es ist sehr deutlich, dass das Nazi-Regime die Häftlinge mit allem ausgenutzt hat. Sogar die Haare der Frauen wurden von dem Nazi-Regime als Filz verwendet. Die überlebenden Häftlinge konnten sich erst nach vielen Jahren aus dem psychischen Zustand befreien, der Ungerechtigkeit, die Angst und das Leid verankert hatte. Einige überlebenden Häftlinge haben sogar erwähnt, dass sie dies ein Leben lang nicht vergessen haben.

Das brutale NS-Regime, das die Gesellschaft als eine patriarchalische Gesellschaft betrachtete, beschränkte die Frauen auf ihre Ausbildung und ihre Kindererziehung. Dieses System teilte die Menschen in Klassen ein und bevorzugte eine Klasse gegenüber dem Rest des Volkes. Die Klasse der „arischen Rasse“ wurde für privilegierte Menschen gehalten, während der Rest der Menschen niedrig angesehen und wie Sklaven behandelt wurde. Diese rassistische Ideologie manifestierte sich deutlich in Ravensbrück, wo die Häftlinge täglich beleidigt, entmenschlicht und schlechter als Tiere behandelt wurden.  Deshalb baute der Kommandant, der Stellvertreter des Gefängnisses war, seine Wohnung neben dem Gefängnis auf einer höhen Ebene mit einem Blick auf das Gefängnis, um zu zeigen, dass er einer höheren Klasse angehört als die Häftlinge.

Ravensbrück, eine Region, die durch die Schönheit ihrer Natur und den Reichtum an Wasser und Seen die Augen verzaubert, umfasste dieses Gefängnis, das für Deutschland und alle Länder der Welt von großer Bedeutung ist, weil es Häftlinge aus vielen Ländern enthielt. Dieses Gefängnis wird ein Zeuge bleiben, um die Stärke dieser Häftlinge zu zeigen, die Vorbilder für den Rest der Frauen der Welt sind, um für Freiheit, Gleichheit und Würde zu kämpfen. Es wird auch Zeuge bleiben, um unseren Kindern in ihrer Schulausbildung die Geschichte des Unrechts zu erzählen, dem sie in den Frauengefängnissen ausgesetzt waren. Kinder sollen nicht in die gleichen Fehler wie ihre Vorfahren verfallen, die geschwiegen und sich nicht eingemischt haben, um diese Frauen zu retten.  Kinder sind der Grundstein des Aufbaues der Gesellschaft. Deshalb müssen wir und die Schulen die Kinder gut erziehen und sie die Liebe zu anderen zu orientieren, die Ablehnung der Gewalt und die Gleichheit zwischen den Menschen bewusstmachen, weil alle Menschen gleich sind, unabhängig von ihrer Sprache, Herkunft, Religion oder Hautfarbe.

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