Bewegungsfreiheit und Schutz für Roma aus der Ukraine!

Sichere Bleiberechte für alle Betroffenen von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie!

Unter den Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine fliehen, befinden sich viele Romnja/ Roma. Sie fliehen vor dem barbarischen Krieg, aber auch vor dem offenen Rassismus, dem sie in der Ukraine schon seit Jahren nahezu schutzlos ausgeliefert sind und der sich im Zuge des Krieges noch brutaler entlädt.

Aus Sicht der ZBBS hat Deutschland eine besondere Verpflichtung zum Schutz der flüchtenden Roma/Romnja, denn ukrainische Roma/Romnja sind Nachkommen von Überlebenden und Opfern der Verfolgung und Vernichtung in der Zeit des Nationalsozialismus.

Situation in der Ukraine

Seit Jahren kritisieren Menschenrechtsorganisationen die in der Ukraine herrschende rassistische, sexistische und  homophobe Gewalt durch rechtsextreme Gruppierungen und die nahezu vollständige Straflosigkeit, die sich auch unter dem Präsidenten Selenskyj nicht verändert hat. So gibt es bis heute keine Verurteilungen im Zusammenhang mit mehreren Pogromen gegen Roma/Romnja 2018 und 2019 durch rechtsextreme Gruppen, bei denen eine Person getötet und zahlreiche verletzt wurden.

Amnesty International konstatiert bereits 2019, dass die ukrainische Regierung Rechtsextreme nicht unter Kontrolle habe: „Der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigt kein Interesse, rechtsextreme Angriffe auf Roma und zivilgesellschaftliche Akteure stärker zu verfolgen als sein Vorgänger. Es herrscht ein Klima der Straflosigkeit, das Übergriffe befördert. […]Die Regierung ist offenbar nicht stark genug, um sich rechtsextremen Gruppen entgegenzustellen. Das liegt vor allem daran, dass solche Gruppen 2014 bewaffnet wurden, um gegen die Separatisten im Osten des Landes zu kämpfen. Nun hat die Regierung sie nicht mehr vollständig unter Kontrolle. […]Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in der Ukraine konstatiert Straflosigkeit in Hunderten Fällen allein zwischen Januar 2018 und Februar 2019. Oftmals kamen die Täter aus dem rechtsextremen Spektrum.“ (https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-journal/ukraine-regierung-hat-rechtsextreme-nicht-unter-kontrolle)

Es ist zu befürchten, dass der stark verbreitete Rassismus und Nationalismus in der Ukraine im Zuge des Krieges – und auch danach – die Situation für Angehörige von Minderheiten weiter verschlechtern wird und sie rassistischer Gewalt noch stärker und schutzloser ausgesetzt sind.

So finden sich in den letzten Tagen zahllose Dokumentationen über Menschen, die als angebliche Dieb*innen in verschiedenen ukrainischen Städten an Pfähle gefesselt und über Tage von Passant*innen geschlagen und gedemütigt werden. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Romnja, darunter auch Kinder. (siehe unter anderem: Roma Antidiscrimination Network https://ran.eu.com/zuruck-ins-mittelalter-roma-am-pranger-in-der-ukraine/)

Situation entlang der Fluchtrouten

Auch entlang der Fluchtrouten und an den ukrainischen Grenzen häufen sich Berichte über Diskriminierung von Roma/ Romnja. Sie werden an der Ausreise aus der Ukraine oder an weiteren Grenzübertritten gehindert. Die Mitfahrt in Bussen, Zügen oder auch Privatautos wird ihnen oftmals verwehrt. In den Ankunftsländern werden sie oftmals von „weißen“ Ukrainer*innen getrennt und von Hilfsangeboten ausgeschlossen, die anderen Ukrainer*innen zur Verfügung gestellt werden. (https://www.aljazeera.com/news/2022/3/7/ukraines-roma-refugees-recount-discrimination-on-route-to-safety)

Als weiteres Hindernis auf der Flucht kommt hinzu, dass von den schätzungsweise 400.000 in der Ukraine lebenden Roma/ Romnja ca. 20 Prozent, also mehrere 10.000 Menschen keine Papiere besitzen.

Situation in Deutschland

Auch in Deutschland erleben geflüchtete Romnja/ Roma Diskriminierung. So wurde Ende März in Mannheim drei ukrainischen Roma-Familien der Zugang zu einem Ruheraum der Deutschen Bahn verwehrt, der extra für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet war. (https://taz.de/Rassismus-gegen-Ukraine-Gefluechtete/!5845419/) In einer von der BILD-Zeitung angestoßenen Kampagne wird Roma-Familien unterstellt, gar nicht aus der Ukraine zu kommen, sondern sich Sozialleistungen erschleichen zu wollen. (https://twitter.com/_seiwachsam/status/1509054112637325313)

 

ZBBS unterzeichnet Stellungnahme

Vor diesem Hintergrund haben zahlreiche Organisationen, darunter viele Roma-Organisation eine Stellungnahme verfasst mit der Aufforderung, die flüchtenden Roma/ Romnja aus der Ukraine angemessen zu unterstützen und die Stellungnahme zu unterzeichnen. Auch die ZBBS e.V. unterzeichnet diese Stellungnahme. Weitere Unterzeichner*innen können sich beim Bunderomaverband www.bundesromaverband.de melden.

Die Organisationen fordern:

  • ein Aufnahmeprogramm für Romnja und Roma ohne Dokumente in westeuropäischen Staaten, Transportmöglichkeiten von den ukrainischen Grenzen sowie Schutzräume auf den Fluchtrouten. Roma müssen sich den Zielort ihrer Flucht genauso aussuchen können, wie alle anderen Ukrainer*innen auch

  • Dazu gehört die Berücksichtigung von Romnja und Roma – insbesondere auch ohne Dokumente – aus der Ukraine bei der bereits von der deutschen Außenministerin Baerbock verkündeten Direktaufnahme von Geflüchteten aus Moldau

  • Den sofortigen Stopp aller Abschiebungen in die Nachbarländer der Ukraine (Belarus, Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Moldau, Russland)

  • Bereitstellung von Orten, an denen Gruppen von 10-20 Personen zusammen untergebracht werden können. Geeignete leerstehende staatliche Gebäude, Hotels, Jugendherbergen oder ähnliches sollten dafür freigemacht werden.

  • Wir brauchen dringend Mittel, um Unterstützungsstrukturen aufzubauen – zum Beispiel
    (psychologische) Telefon-Beratung (russisch / ukrainisch / romanessprachig). Beratung über
    Möglichkeiten der Registrierung und die Anmeldung Papierloser, Unterstützung bei erlebter
    Diskriminierung, Vernetzungsangebote, diskriminierungs- und sprachsensible Beratung für
    geflüchtete Roma, Koordination von Unterkunftsangeboten und Suche.

Die gesamte Stellungnahme findet ihr unter https://www.bundesromaverband.de/bewegungsfreiheit-und-schutz-fuer-roma-aus-der-ukraine/

oder als PDF: https://www.bundesromaverband.de/wp-content/uploads/2022/03/Bewegungsfreiheit-und-Schutz-fu%CC%88r-Roma-1-1.pdf

weitere Links:

Stoppt die Segregation von Flüchtenden aus der Ukraine – Gleiche Rechte und Hilfe für Alle
https://www.bundesromaverband.de/stoppt-die-segregation-der-fluechtenden-aus-der-ukraine-gleiche-rechte-und-hilfe-fuer-alle/

Romani Rose beklagt antiziganistische Vorfälle bei Deutscher Bahn
https://www.migazin.de/2022/03/31/systematische-diskriminierung-romani-rose-vorfaelle/

Romnja und ihre Kinder mehrfach am Verlassen der Ukraine gehindert:
http://www.romea.cz/en/news/world/romani-mothers-and-children-groundlessly-prevented-from-leaving-ukraine-three-times-before-finally-crossing-into-hungary

zur Zusammenarbeit der ukrainischen Regierung mit militanten Rechtsextremen:
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ukraine-von-der-front-ins-ministerium

https://ran.eu.com/ukrainischer-minister-mit-c14-gegen-roma-unterwegs/


Ukrainischer Botschafter unterstützt ultrarechtes Asow-Regiment:
https://www.fr.de/politik/ultra-rechts-nationalistisch-ukraine-botschafter-andrij-melnyk-asow-regiment-91425243.html

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