In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 steckte der Grazer Bürgermeister die Synagoge seiner Stadt eigenhändig in Brand. Die jüdische Schriftstellerin, Frauenrechtlerin und Künstlerin Mela Hartwig (1893-1967) war Augenzeugin und beschreibt das Inferno in ihrer Schrift „Der Tempel brennt“, die erst spät wiederentdeckt wurde. Sie emigrierte nach London. Aus ihrem Manuskript liest der Wiener Romanist, Diplomat und Mitglied im Deutschen PEN-Zentrum Dr. Jürgen Strasser.
Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich am 12. März 1938 wurde dem blühenden jüdischen Leben in Graz ein jähes Ende bereitet. Es folgten Ausgrenzung, Beschlagnahmungen, Diskriminierung und Flucht Hunderter jüdischer Bürger aus Graz. Im Zuge des Novemberpogroms von 9. auf 10. November 1938 kam es zu einer Welle von Verhaftungen jüdischer Männer, von denen über 300 ins Konzentrationslager Dachau deportiert wurden. Die große Synagoge am Grieskai sowie die Zeremonienhalle wurden in Brand gesteckt und später dem Erdboden gleichgemacht. Im Frühjahr 1940 erklärte sich Graz für „judenrein“. Erst 62 Jahre später, im Jahr 2000, wurde an ihrer Stelle eine neues Gebetshaus für die jüdische Gemeinde von Graz eingeweiht. Als Baumaterial verwendete man die erhalten gebliebenen Ziegel der alten Synagoge, die von SchülerInnen zweier Grazer Schulen mühevoll gesäubert worden waren. Foto: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes Nr. 1863(b)
Mela Hartwig, 1893 in Wien geboren, schlug zunächst eine vielversprechende Laufbahn als Schauspielerin ein. Nach der Heirat mit Robert Spira gab sie ihren Beruf auf und zog mit ihrem Mann nach Graz, wo dieser eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb. In dieser Zeit wandte sich Hartwig dem Schreiben zu. Heute gilt sie als Pionierin der feministischen Literatur. Hartwigs Karriere fand durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die damit verbundenen Repressalien ein jähes Ende, da ihre Werke in krassem Widerspruch zur nationalsozialistischen Gesellschaftsideologie standen. In dieser Zeit wandte sie sich der Malerei zu. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft war das Leben der Spiras nach dem „Anschluss“ massiv bedroht und sie emigrierten nach London. 1948 kehrten sie nach Graz zurück, um ihre 1938 „beschlagnahmten“ Besitztümer zurückzufordern. Das Paar wollte sich jedoch nicht mehr in der steirischen Hauptstadt niederlassen. Nach Abschluss der Rückstellungsverfahren verkauften sie das Haus in Gösting und das Ferienhaus in Tauplitz und kehrten endgültig nach London zurück, wo sie beide 1967 verstarben. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Hartwig auf dem Gebiet der Malerei, die sie unter dem Namen Mela Spira betrieb, einige Erfolge verbuchen. Obwohl sie nie mit dem Schreiben aufhörte und zahlreiche Manuskripte verfasste, gelang Mela Hartwig zu Lebzeiten keine Veröffentlichung mehr. Erst nach ihrem Tod findet ihr literarisches Werk wieder Anerkennung.
Kooperationsveranstaltung des Verein Mahnmal Kilian e.V. mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Schleswig-Holstein e.V. und der Landeshauptstadt Kiel
Eintritt frei – Spenden erbeten.
Flandernbunker, Kiellinie 249, 24106 Kiel
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