Kommunalpolitische Forderungen der ZBBS e.V. 2023

Die Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle (ZBBS e.V.) ist ein Ort der Interkulturellen Begegnung, des Austauschs und Lernens. Mit seinen Angeboten tritt der Verein seit 1985 für Demokratie ,soziale und gesellschaftliche Verantwortung, Offenheit und Toleranz ein. Die ZBBS fördert und fordert eine interkulturelle Öffnung der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber Zugewanderten und unterstützt ausdrücklich Menschen, die als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind.

Vielfalt fördern heißt Teilhabe ermöglichen!

Deutschland war schon immer ein Einwanderungsland, auch wenn das für einige eine neue Entwicklung zu sein scheint. Migration gehört zum Menschensein, ob freiwillig oder gezwungenermaßen. Vielfalt ist das Fundament jeder menschlichen Gesellschaft.

Doch struktureller und individueller Rassismus stehen der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft im Wege, sie gefährden die Vielfaltsgesellschaft.

Wir fordern daher

  • in den Schulen neben dem DaZ-Unterricht auch andere Themen der Grundbildung (z.B. Mathematik oder EDV) als Vorbereitung für den Schulbesuch anzubieten, um allen Kindern möglichst gleiche Chancen zum Lernerfolg zu ermöglichen!
  • den Ausbau von Kita-Plätzen deutlich zu verstärken, damit Eltern und im Speziellen Frauen die Möglichkeit haben, an Bildungs- und Qualifizierungsangeboten, die meist vormittags stattfinden, teilzunehmen.
  • den Kitas Mittel zur Verfügung zu stellen, Personal einzubeziehen, um die alltagsintegrierte sprachliche Bildung von Kindern zu fördern, die nicht muttersprachlich-deutsch aufwachsen. An die Erfolge des ausgelaufenen Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ muss angedockt werden! Durch die Förderung vom Land 2023 können nur knapp 13% der Kitas profitieren. Wir fordern die Kommunen auf, weitere Gelder bereitzustellen.
  • dem Bedarf von Menschen mit Behinderung und ungesichertem Aufenthalt (Duldung) zur Teilhabe gerecht zu werden und das Ermessen zu Gunsten der Antragstellenden auszulegen! Es darf nicht sein, dass die Möglichkeit, die Sprache zu lernen, eine Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu machen, wegen einer Behinderung verwehrt bleibt!
  • Wir fordern die Einrichtung von Fachberatungsstellen für traumatisierte Geflüchtete, in denen Therapien durchgeführt werden und asylverfahrensrelevante Begutachtungen stattfinden können.
    Viele Geflüchtete sind traumatisiert, ob durch Krieg oder Gewalt im Heimatland oder Erlebnisse auf der Flucht. Die z.T. sehr lang andauernden Asylverfahren und die anhaltende Ungewissheit tragen nicht zur Gesundung bei. Der Zugang zu Therapieplätzen, besonders für eine fachliche Trauma-Therapie ist durch zu wenig ausreichend qualifizierte Psycho-Therapeut*innen begrenzt. Besonders betroffen sind hierbei Kinder- und Jugendliche. Gutachten, die sich positiv im Asylverfahren auswirken könnten, sind für Betroffene kaum zu erhalten und bezahlbar.
  • Die Absicherung der Migrationsfachdienste durch die Kofinanzierung durch die Kommunen! Migrationsberatung ist ein wichtiges Element schneller und gelungener Integration. Die Finanzierung durch den Bund (MBE) sowie das Land SH (MBSH) beinhaltet einen Eigenanteil von min. 10% der Gesamtmittel, die Gesamthöhe der Förderung ist begrenzt. Auf Grund gestiegener Kosten wie z.B. Miete und Energie reicht die Förderung nicht mehr aus und die Eigenmittel liegen mittlerweile bei nahezu 20%
  • Jede Stimme zählt! Wir fordern daher die Kommunen auf, sich für das kommunale Wahlrecht für alle in Schleswig-Holstein lebenden Bürger*innen stark zu machen! Die politische Mitbestimmung darf nicht am Pass festgemacht werden. Gerade die (Mit)Arbeit in der Kommune, wo Entscheidungen getroffen werden, die die direkte Lebenswelt betreffen, ist ein wichtiger Ort der Mitbestimmung und zur Teilhabe am demokratischen System. Wir schlagen vor, das kommunale Wahlrecht ausschließlich mit einer bestimmten Dauer des Wohnsitzes in Schleswig-Holstein zu verknüpfen. Das gilt auch für die Mitarbeit in Ortsbeiräten.

Willkommen statt Angst und institutioneller Diskriminierung

  • Wir fordern einen Leitfaden zur kundenfreundlichen Orientierung in Ämtern und Behörden. Gerade in den Zuwanderungsbehörden muss es möglich sein, Dolmetschende bereitzuhalten bzw. per Telefon hinzuzuschalten sowie Formulare und Informationen mehrsprachig anzubieten. Die Floskel der „Willkommensbehörden“ darf keine schöne Vision bleiben.
  • Wir fordern Impulse aus den Kommunen gegenüber dem Land für einen Leitfaden, damit das behördliche Ermessen im Rahmen der Gesetze, die Zugewanderte betreffen, zugunsten der Antragstellenden ausgeübt wird. Um die Chancen der Zuwanderung für die Gesellschaft bezüglich Fachkräftegewinnung, im Handwerk, in der Pflege oder in akademischen Berufen, zu nutzen, braucht es eine Neuausrichtung, die nicht von alleine geschehen wird.
  • Wir fordern die Übernahme der Passkosten durch die Jobcenter oder Sozialämter bzw. im Falle landesweiter Probleme, einen Reisepass zu bekommen, wie zur Zeit z.B. in Afghanistan, sollen die Ausländerbehörden unbürokratisch einen Ersatzausweis für Ausländer ausstellen!
    Um einen humanitären Aufenthalt, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis von der Zuwanderungsbehörde zu bekommen oder sich einbürgern zu lassen, ist die Vorlage eines Reisepasses aus der Heimat gefordert. Um einen solchen von der jeweiligen Botschaft zu bekommen, ist oft die Zahlung hoher Geldbeträge nötig. Da die Passpflicht gesetzlich vorgeschrieben wird, müssen die Betroffenen finanziell unterstützt werden!
  • Wir fordern eine vereinfachte Terminvergabe, z.B. durch die Möglichkeiten der Digitalisierung aber auch durch offene Sprechstunden für Menschen, die keine online-Kompetenzen oder -Zugänge haben.
  • Wir fordern eine bessere personelle Ausstattung der Behörden und Ämter, um dauerhaftem Personalmangel entgegen zu wirken. Dadurch sollen schnellere Entscheidungen und eine bessere Erreichbarkeit gewährleistet werden.
  • Wir fordern, die Diversität unter den Mitarbeitenden in der Verwaltung und in den Behörden zu fördern! Aspekte wie Mehrsprachigkeit oder Migrationsbiographie könnten auch per Quotenregelung gefördert werden.
  • Wir fordern regelmäßige Schulung zur Sensibilisierung zu Diskriminierung/ Antidsikriminierungsschulungen für alle Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung.


23 Sichere Häfen – Es braucht mehr als Lippenbekenntnisse

In Schleswig-Holstein haben sich mittlerweile 23 Städte und Kreis zu sicheren Häfen erklärt. https://www.seebruecke.org/sichere-haefen/haefen
Außer der öffentlichen Bekanntmachung und damit verbundener Solidaritätsbekundungen ist bisher kaum etwas geschehen.

  • Wir fordern, aus Seenot gerettete Menschen direkt aufzunehmen und sich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung stark zu machen!

    Länder in denen Diktatur und Krieg herrscht, sind nicht sicher. Menschen aus solchen Herkunftsländern brauchen unsere Unterstützung!
    Ein Bundesland, das seit Jahren an der Spitze der Rüstungsexporte steht und an Krisen und Kriegen mitverdient, sollte sich seiner Verantwortung für die Folgen bewusst werden.
  • Wir fordern, dass sich die Kommunen für Aufnahmeprogramme aktiv einsetzen! Besonders den mutigen Frauen in Afghanistan oder im Iran muss eine Möglichkeit angeboten werden, aus dem Land zu kommen und hier eine sichere Bleibeperspektive zu bekommen.

(Dezentrales) Wohnen für Alle!

Wohnraumknappheit ist kein neues Phänomen. Soziale Wohnungsbaugesellschaften wurden jahrelang privatisiert, es fallen mehr Sozialwohnungen aus der Preisbindung als neue gebaut werden. Wohnraum ist für jeden Menschen existenziell und darf kein Spekulationsobjekt sein!
Menschen mit Migrationsbiographie haben es aufgrund rassistischer Stereotype nochmal schwerer Wohnraum zu bekommen.

  • Wir fordern, endlich ausreichend sozialen Wohnraum für alle zu schaffen! Eine Quote von 50% Sozialbau bei Neubauten wäre ein ernstzunehmender Anlauf, um allen Menschen das Recht auf (bezahlbares) Wohnen zu ermöglichen.
  • Wir fordern, auch alternative Wohnprojekte zu fördern. Alternative Wohnprojekte, ob generationenübergreifend, inklusiv und/oder interkulturell, schaffen Räume für gemeinsames Wohnen, Arbeiten und Leben. Sie stiften soziales Miteinanders, Kreativität und Toleranz.
  • Wir fordern die Kommunen auf, gegen Mietdumping und den Verfall von Mietwohnungen vorzugehen. Der Ausbeutung der Ärmsten der Gesellschaft durch horrende Mieten und Sanierungsstau müssen die Kommunen entgegentreten.
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